Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist ein deutsches Bundesgesetz, welches dazu beitragen soll, Menschenrechtsverletzungen und zugehörige Umweltrisiken entlang von Lieferketten zu erkennen und zu beseitigen.

Für die Bestimmung von Menschenrechtsverletzungen wird auf internationale Abkommen, wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO), abgestellt. Das LkSG nennt hier vor allem:

Kinderarbeit
Zwangsarbeit
Sklaverei
Missachtung von Arbeitsschutzpflichten
Missachtung der Koalitionsfreiheit
Ungleichbehandlung in der Beschäftigung
(z.B. aufgrund von Alter, Geschlecht)
Vorenthalten eines angemessenen Lohns
Folter und erniedrigende Behandlung

Unter den zugehörigen Umweltrisiken werden Umweltschädigungen verstanden, welche zu Menschenrechtsverletzungen führen (§ 2 Abs. 2 und 3 LkSG).

Die betroffenen Unternehmen haben zu prüfen, inwieweit ihre Geschäftstätigkeiten zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Sie müssen Maßnahmen ergreifen, um Verstößen gegen grundlegende Menschenrechtsstandards vorzubeugen und einen Beschwerdemechanismus für Betroffene einzuführen. Diese Sorgfaltspflichten der betroffenen Unternehmen erstrecken sich dabei auf ihre gesamte Lieferkette – angefangen vom Rohstoff bis hin zum fertigen Verkaufsprodukt.


Wer ist betroffen?

Unter die Anwendung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fallen Unternehmen - unabhängig ihrer Kapitalmarktorientierung - mit
Hauptniederlassung
Verwaltungssitz
satzungsmäßigem Sitz
oder Zweigniederlassung
in Deutschland und (zeitlich gestaffelt)
mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern 

Unternehmen mit weniger als 1.000 Arbeitnehmern und ausländische Unternehmen, welche unmittelbar oder mittelbar in die Lieferkette eines berichtspflichtigen Unternehmens eingebunden sind, werden mittelbar betroffen sein. Es ist davon auszugehen, dass diese Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in die Informationsbeschaffung und Verankerung von Präventionsmaßnahmen eingebunden werden.


Welche Sorgfaltspflichten sind umzusetzen?

Betroffene Unternehmen sind dazu verpflichtet, die folgenden menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise umzusetzen:

Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements
(§ 4 Abs. 1 LkSG)
Verankerung von Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern
(§ 6 Abs. 4 LkSG)
Benennung eines betrieblichen Menschenrechtsbeauftragten
(§ 4 Abs. 3 LkSG)
Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Pflichtverstößen
(§ 7 Abs. 1 bis 3 LkSG)
jährliche Durchführung einer Risikoanalyse
(§ 5 LkSG)
Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
(§ 8 LkSG)
Abgabe einer Grundsatzerklärung über die betriebliche Menschenrechtsstrategie
(§ 6 Abs. 2 LkSG)
Umsetzung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern
(§ 9 LkSG)
Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich
(§ 6 Abs. 1 und 3 LkSG)
Dokumentationspflicht und jährliche öffentliche Berichtspflicht
(§ 10 LkSG)

Bei den Sorgfaltspflichten handelt es sich um sogenannte Bemühenspflichten. Die betroffenen Unternehmen haben in einem angemessenen Umfang Vorkehrungen zu treffen, um menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden (§ 3 LkSG).

Die Unternehmen werden durch das Gesetz nicht verpflichtet, eine Garantie über die Vermeidung dieser Risiken abzugeben.

Zur Unterstützung bei der Umsetzung der Sorgfaltsplichten wurde im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) der sogenannte KMU-Kompass entwickelt, welchen Sie über die Linkliste erreichen.


Wo werden die größten Risiken gesehen?

In der Gesetzesbegründung werden drei Risikogruppen aufgeführt, aus welchen pauschal eine Risikoanfälligkeit von Unternehmen abgeleitet wird:

branchenspezifische RisikenDie Wertschöpfung von Unternehmen der Branchen „Bergbau und Mineralien“, „Entsorgung“, „Forstwirtschaft“, „Immobilien“ und „Wasserversorgung“ findet überwiegend in Deutschland statt. Hier werden nur geringe menschenrechtliche Risiken gesehen.
 Auch Unternehmen der Branchen „Baugewerbe“, „Landwirtschaft und Fischerei“, „Personal-, Reinigungs- und Sicherheitsdienstleistungen“ sowie „Transport und Logistik“ wird eine geringe internationale Verflechtung unterstellt. Hier werden jedoch höhere menschenrechtliche Risiken gesehen.
 Bei allen übrigen Wirtschaftszweigen wird eine hohe internationale Verflechtung gesehen und es wird von schweren menschenrechtlichen Risiken ausgegangen.
 

länderspezifische RisikenBei Unternehmen, welche ausschließlich Waren aus dem europäischen Ausland importieren, werden starke Menschenrechtsrisiken angenommen.
 Bei Unternehmen, welche Waren weltweit beschaffen, werden sogar sehr starke Menschenrechtsrisiken angenommen.
 

warengruppenspezifische RisikenDie warengruppenspezifischen Risiken werden in der Gesetzesbegründung nicht weiter erläutert.

Aus den Ausführungen ergibt sich, dass der Schwerpunkt der Risikoanalyse auf den länderspezifischen Risiken liegen sollte. Damit sind vor allem die ausländischen Zulieferer in die Risikoanalyse mit einzubeziehen.


Wie werden Zulieferer in die Sorgfaltspflichten mit eingebunden?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern.

Unmittelbare Zulieferer sind Vertragspartner, deren Warenlieferungen oder Dienstleistungen für die Produktion oder Dienstleistungserbringung des berichtspflichtigen Unternehmens notwendig sind (§ 2 Abs. 7 LkSG).

Das berichtspflichtige Unternehmen hat gegenüber seinen unmittelbaren Zulieferern angemessene Präventionsmaßnahmen zu verankern, insbesondere:

Bei der Auswahl eines unmittelbaren Zulieferers ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang von ihm die Einhaltung der Menschen- und Umweltrechte erwartet werden kann.
(§ 6 Abs. 4 Nr. 1 LkSG)
Vertragliche Zusicherung des unmittelbaren Zulieferers, dass er die von ihm verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Vorgaben einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert.
(§ 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG)
Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen zur Durchsetzung der vertraglichen Zusicherung nach Nr. 2.
(§ 6 Abs. 4 Nr. 3 LkSG)
Vertragliche Vereinbarung zur Implementierung und Anwendung angemessener Kontrollmechanismen sowie Durchführung risikoorientierter Prüfungen beim unmittelbaren Zulieferer, um die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie zu überprüfen.
(§ 6 Abs. 4 Nr. 4 LkSG)

Mittelbare Zulieferer sind alle Unternehmen, welche nicht unmittelbare Zulieferer sind, aber deren Warenlieferungen oder Dienstleistungen auch für die Produktion oder Dienstleistungserbringung des berichtspflichtigen Unternehmens notwendig sind (§ 2 Abs. 7 LkSG). Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele strategisch relevante Zwischenhändler oder Zulieferer entlang der Lieferkette.

Das berichtspflichtige Unternehmen muss gegenüber mittelbaren Zulieferern tätig werden, wenn es substantiierte Kenntnisse über eine mögliche Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht erlangt. In diesem Fall sind

eine Risikoanalyse durchzuführen
(§ 9 Abs. 3 Nr. 1 LkSG)
angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern
(§ 9 Abs. 3 Nr. 2 LkSG)
ein Konzept zur Verhinderung, Beendigung oder Minimierung zu erstellen und umzusetzen
(§ 9 Abs. 3 Nr. 3 LkSG)
gegebenenfalls die Grundsatzerklärung zu aktualisieren
(§ 9 Abs. 3 Nr. 4 LkSG)

Damit ein berichtspflichtiges Unternehmen Kenntnis über mögliche Pflichtverletzungen erhalten kann, hat es sein Beschwerdeverfahren so einzurichten, dass Personen ermöglicht wird, auch auf Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten eines mittelbaren Zulieferers hinzuweisen.

Zur Einbindung von Zulieferern in die Sorgfaltspflichten wird in der Gesetzesbegründung einschränkend darauf hingewiesen, dass der Einfluss eines berichtspflichtigen Unternehmens auf seine Zulieferer maßgeblich von seiner Größe bzw. vom jeweiligen Auftragsvolumen abhängt. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass sich die genannten Präventionsmaßnahmen nur eingeschränkt umsetzen lassen.


Wie unterscheiden sich das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die europäische Lieferkettenrichtlinie

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) reiht sich in eine Reihe von Gesetzen zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht in Lieferketten in anderen europäischen Staaten ein. Auch auf EU-Ebene ist mit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) eine eigene Rechtsnorm für faire globale Liefer- und Wertschöpfungsketten geschaffen worden.

Der im Ergebnis der Trilogverhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten ausgehandelte Kompromisstext zur CSDDD ist am 24. April 2024 durch das Europäische Parlament und am 24. Mai 2024 durch den Rat der Europäischen Union angenommen worden. Die Richtlinie tritt nach Unterzeichnung durch die Präsidenten beider EU-Institutionen und anschließender Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.

Im Einzelnen bestehen zwischen dem LkSG sowie der CSDDD folgende wesentliche Unterschiede:

 LkSGCSDDD
Anwendungs­bereich

ab 2023:
deutsche Unternehmen mit
- mehr als 3.000 Arbeitnehmern

ab 2024:
deutsche Unternehmen mit
- mehr als 1.000 Arbeitnehmern

Für Unternehmen in der EU

3 Jahre nach Inkrafttreten:
> 5.000 Beschäftigte und weltweiter Nettoumsatz > 1.500 Millionen Euro,

4 Jahre nach Inkrafttreten:
> 3.000 Beschäftigte und weltweiter Nettoumsatz > 900 Millionen Euro

5 Jahre nach Inkrafttreten:
> 1.000 Beschäftigte und weltweiter Nettoumsatz > 450 Millionen Euro

Für Unternehmen mit Sitz in Drittstaat

Nettoumsatz >450 Millionen Euro in der EU

Umfang der Sorgfalts­pflichten

Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und zugehörige Umweltrisiken gegenüber den direkten Lieferanten und nur bei Kenntnisnahme gegenüber weiteren Gliedern der Lieferkette.

Tatsächliche und potentielle negative Auswirkungen müssen ermittelt, berichtet und - soweit möglich - abgestellt bzw. minimiert werden.

Umfassende Sorgfaltspflichten für Umwelt und Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette

Tatsächliche und potentielle negative Auswirkungen müssen ermittelt, berichtet und abgestellt bzw. minimiert werden.

zivil­rechtliche Haftung

Eine Verletzung der Sorgfaltspflichten begründet keine zivilrechtliche Haftung über die bisherige Rechtslage hinaus (§ 3 Abs. 3 LkSG).

Geschädigte sollen einen Anspruch auf eine Entschädigung durch das verantwortliche Unternehmen erhalten.

Sankt­ionen

Bußgelder bis 800.000 EUR, bei Unternehmen mit über 400. Mio. EUR Umsatz bis zu 2 % des globalen Umsatzes.

Angemessene Bußgelder auf Grundlage des weltweiten Nettoumsatzes.

Die Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland soll dies durch eine Überarbeitung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes erfolgen.


Wie ist das Lieferkettengesetz in die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingebunden?

Zwischen dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach NFRD/CSRD besteht kein direkter Bezug. Allerdings sind große inhaltliche Übereinstimmungen vorhanden. So umfassen die künftig anzuwendenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Themenfeld Soziales unter anderem Berichtspflichten zu Arbeitnehmern in der Lieferkette (ESRS 2). Auch mit der CSDDD gibt es – wie zuvor dargestellt – große Überschneidungen.

Die bei der Ausübung der Sorgfaltspflichten gewonnenen Informationen können somit auch zur Erfüllung weiterer Berichtspflichten herangezogen werden.