Europäische Kommission:
Erste Vorschläge für eine Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichtserstattung und deren Prüfung („Omnibus-Paket“)
Schritt 1: Aufschub
In einem ersten Schritt soll durch eine separate Omnibus-Richtlinie (COM(2025) 80 final) (PDF) der Anwendungszeitraum für die ursprünglich ab 2025 berichtspflichtigen Unternehmen der „2. Welle“, also große Kapitalgesellschaften, sowie für die ursprünglich ab 2026 berichtspflichtigen kapitalmarktorientierten KMU um jeweils zwei Jahre auf 2027 beziehungsweise 2028 verschoben werden, um in der Zwischenzeit die zu erwartenden inhaltlichen Änderungen verabschieden und umsetzen zu können. Diese Richtlinie soll spätestens bis zum 31. Dezember 2025 in nationales Recht umgesetzt werden.
Schritt 2: Änderungen
In einem zweiten Schritt sollen die inhaltlichen Änderungen in einer weiteren Omnibus-Richtlinie (COM(2025) 81 final) (PDF) zur Änderung der vorgenannten Richtlinien (Abschlussprüferrichtlinie, Bilanzrichtlinie, CSRD und CSDDD) vollzogen werden. Die Umsetzung in nationales Recht soll spätestens zwölf Monate nach Inkrafttreten dieser weiteren Omnibus-Richtlinie erfolgen.
Änderungen Bilanzrichtline und Abschlussprüferrichtlinie
Die wesentlichen Änderungen der Bilanzrichtline und der Abschlussprüferrichtlinie betreffen insbesondere:
- Deutliche Reduzierung des Kreises der berichtspflichtigen Unternehmen
Die Berichtspflicht soll nur noch für große Kapitalgesellschaften mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. Euro gelten (Anpassung Art. 19a, 29a Bilanz-RL). Die EU-Kommission schätzt, dass damit ca. 80 % der Unternehmen aus der Berichtspflicht fallen werden. - Anpassung der Wertschöpfungsketten-Obergrenze („Value-Chain Cap“)
Die berichtspflichtigen Unternehmen sollen von Unternehmen der Wertschöpfungskette mit bis zu 1.000 Beschäftigten (statt bisher von KMU) nur solche Informationen einholen dürfen, die in den Standards für die freiwillige Berichterstattung (VSME) vorgesehen sind, soweit nicht branchenübliche Informationen darüber hinausgehen (Anpassung Art. 19a Abs. 3 Bilanz-RL). Dies soll laut EU-Kommission den „Trickle-Down“-Effekt erheblich reduzieren. - Erlass von Standards für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung als delegierter Rechtsakt
Die EU-Kommission soll spätestens vier Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie durch einen delegierten Rechtsakt Standards für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung (VSME) verabschieden (Einfügung Artikel 29ca Bilanz-RL). Diese sollen sich laut EU-Kommission an den bereits von der EFRAG veröffentlichten VSME orientieren. - Erleichterungen hinsichtlich der Taxonomie-Angaben
Für Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten, deren Nettoumsatz 450 Mio. Euro nicht übersteigt, sollen Erleichterungen hinsichtlich der Angaben nach Art. 8 Taxonomie-Verordnung vorgesehen werden (Art. 19b und 29aa Bilanz-RL).
Weitere Erleichterungen sind unmittelbar in einem Entwurf zur Änderung der EU-Taxonomie-Verordnung enthalten, der von der Kommission ebenfalls am 26. Februar 2025 veröffentlicht wurde. - Streichung der LSME und der sektorspezifischen Standards
Die Pflicht zur Anwendung von Standards für kapitalmarktorientierte KMU (LSME) soll gestrichen werden, da diese Unternehmen nicht mehr der Berichtspflicht unterliegen. Des Weiteren soll von der Erarbeitung sektorspezifischer Standards abgesehen werden (Streichung von Art. 29b Abs. 1 Unterabs. 3 sowie von Art. 29c Bilanz-RL). - Verzicht auf die Prüfung mit hinreichender Sicherheit
Die Erarbeitung von Standards für die Prüfung mit hinreichender Sicherheit ist nicht mehr vorgesehen, sodass davon auszugehen ist, dass die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung dauerhaft nur noch mit begrenzter Sicherheit erfolgen soll (Anpassung Art. 26a Abs. 3 Abschlussprüfer-RL).
Die ursprüngliche Verpflichtung der EU-Kommission zur Verabschiedung von Standards zur Prüfung mit begrenzter Sicherheit bis zum 1. Oktober 2026 wurde in eine reine Ermächtigung ohne Fristsetzung abgeändert. Die EU-Kommission hat angekündigt, stattdessen gezielte Leitlinien für die Nachhaltigkeitsprüfung („targeted assurance guidelines“) bis zum Jahr 2026 zu veröffentlichen.
Änderungen Lieferkettensorgfaltspflichten-Richtlinie (CSDDD)
Hinsichtlich der Lieferkettensorgfaltspflichten-Richtlinie (CSDDD) werden folgende wesentlichen Änderungen vorgeschlagen:
- Transitionsplan zur Bekämpfung des Klimawandels
Der Vorschlag verzichtet auf die explizite Nennung der Umsetzung („put into effect“), verlangt aber, dass der Plan bereits konkrete Maßnahmen beinhaltet (Anpassung Art. 1 Abs. 1 c). - Änderung der Definition „Interessenträger“
Nationale Menschenrechts- und Umweltorganisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft, deren Zwecke den Schutz der Umwelt umfassen, wurden aus der Definition der Interessenträger gestrichen (Anpassung Art. 3 Abs. 1 n). - Beschränkung der Sorgfaltspflichten auf „unmittelbare“ Geschäftspartner
Eine eingehende Bewertung der Geschäftstätigkeit soll grundsätzlich nur noch in Hinsicht auf unmittelbare („direct“) Geschäftspartner erfolgen. Für mittelbare Geschäftspartner ist sie nur noch erforderlich, wenn dem Unternehmen plausible Informationen vorliegen, die auf tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen hindeuten (Anpassung Art. 8 Abs. 2 Buchst. b und Einfügung Art. 8 Abs. 2a). - Beschränkung des Umfangs von Auskünften von Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten
Die im Rahmen der Risikobeurteilung nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a einzuholenden Informationen dürfen bei unmittelbaren Geschäftspartnern mit weniger als 500 Beschäftigten nicht über die Informationen hinausgehen, die in den Standards für die freiwillige Berichterstattung (VSME) vorgesehen sind (Einfügung Art. 8 Abs. 5). - Keine konkrete Festlegung des Mindestmaßes von Zwangsgeldern
Die Verpflichtung, dass Zwangsgelder mindestens 5 % des weltweiten Nettoumsatzes betragen müssen, wurde gestrichen. Stattdessen soll die EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten Leitlinien für die Aufsichtsbörden zur Festsetzung von Zwangsgeldern erarbeiten (Anpassung Art. 27 Abs. 4). - Verlängerung des Intervalls zur Überwachung der Sorgfaltspflichten
Die Überwachung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten soll nur noch mindestens im Fünfjahresrhythmus statt alle zwölf Monate erfolgen (Anpassung Art. 15). - Änderungen hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung und Entschädigung
Es wird nicht mehr vorgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung erlassen müssen. Eine mögliche Übertragung des Klagerechts auf Nichtregierungsorganisationen wurde gestrichen. (Anpassung Art. 29)
Die beiden Richtlinien werden dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Beratung vorgelegt und nach deren Zustimmung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Dabei soll die erste Omnibus-Richtlinie mit der zeitlichen Verschiebung prioritär behandelt werden.
Weitere Vorschläge
Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie einen delegierten Rechtsakt zur Überarbeitung der ESRS (Set 1) zu erlassen und dabei insbesondere folgende Änderungen vorzunehmen:
- Vereinfachung der Struktur und der Darstellung der Standards,
- Verringerung der Anzahl der Datenpunkte,
- Präzisierung bisher unklarer Bestimmungen und
- Verbesserung der Übereinstimmung der ESRS mit anderen EU-Rechtsvorschriften.
Das Konzept der doppelten Wesentlichkeit soll beibehalten werden.
Darüber hinaus hat die Europäische Kommission Fragen und Antworten zu den Omnibus-Richtlinien (PDF) veröffentlicht.
Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie informieren.