Stellungnahme:
Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes – Pflicht für Intermediäre zur Mitteilung bestimmter innerstaatlicher Steuergestaltungen
Die wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Anzeigepflichten
Neue Kennzeichen: Es sind neue Kennzeichen – also Tatbestände, deren Erfüllung eine mitteilungspflichtige innerstaatliche Steuergestaltung begründet – definiert worden (§ 138l Abs. 3 lit. d bis f AO-E).
Begrenzung der Mitteilungspflicht: Die Mitteilungspflicht soll auf die Fälle beschränkt werden, in denen zusätzlich mindestens ein nutzerbezogenes oder ein gestaltungsbezogenes Kriterium erfüllt ist (§ 138l Abs. 5 AO-E). Es sollen folgende Schwellenwerte gelten: 50 Mio. Euro bei umsatzsteuerbaren Umsätzen, 2 Mio. Euro Einkünfte- und Einkommensschwelle nach Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz. Der Koalitionsvertrag sieht eine Umsatzschwelle von 10 Mio. Euro vor. Zur Mitteilung verpflichtet sollen aber etwa auch alle Unternehmen eines Konzernverbundes sein.
Forderungen der WPK
Die WPK hat am 25. Juli 2023 gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen und folgende Forderungen gestellt:
Keine neuen Mitteilungspflichten ohne die Bewertung der Erfahrungen aus den Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Gestaltungen
Nach der Kenntnis der WPK hat eine Evaluation der Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (gegebenenfalls noch) nicht stattgefunden. Vor Einführung einer nationalen Anzeigepflicht wäre es jedoch aus der Sicht der WPK von großer Bedeutung, die Erfahrungen aus den Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Gestaltungen dahingehend zu prüfen, ob das beabsichtigte Ziel – die frühzeitige Reaktion der Politik auf unerwünschte und bisher unbekannte Gestaltungen – auch tatsächlich gefördert wurde und ob die Kosten im Verhältnis zu dem tatsächlich erzielten zusätzlichen Steueraufkommen angemessen bleiben.
Konkretisierung und Begrenzung meldepflichtiger Sachverhalte
Der Referentenentwurf sieht Schwellenwerte vor, die höher sind als im Koalitionsvertrag niedergelegt (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 lit. a AO-E). Aus Sicht der WPK ergeben sich dennoch Zweifel, ob diese Grenzen tatsächlich die erwartete Meldeflut, die auf die Steuerverwaltung zukommen kann, wirksam eingrenzen können. So sind etwa alle Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG stets zur Mitteilung verpflichtet (§ 138l Abs. 5 Nr. 1 lit. b AO-E). Damit können auch unzählige kleine und möglicherweise auch Kleinst-Kapitalgesellschaften (vgl. § 267 Abs. 1 und § 267a Abs. 1 HGB) betroffen sein.
Ferner hat die WPK die Konkretisierung der Kennzeichen nach § 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a, c, f AO-E gefordert.
Änderungen des § 10d EStG
Darüber hinaus hat die WPK zu den Änderungen des § 10d EStG Stellung genommen, die durch das Wachstumschancengesetz eingeführt werden sollen. Aus Sicht der WPK ist es grundsätzlich begrüßenswert, dass der Verlustrücktrag um ein weiteres Jahr auf drei Jahre ausgedehnt werden soll und dass die angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag dauerhaft beibehalten werden sollen. Die durch die Änderungen des § 10d EStG eingeführten Maßnahmen hält die WPK jedoch im Ergebnis für unzureichend für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung von Unternehmen und der Volkswirtschaft. Das Steuerrecht stellt immer noch zu viele Hindernisse für die Sanierung notleidender Unternehmen auf. Deshalb hat die WPK unter anderem die Gleichstellung der Kapitalgesellschaften mit nach den §§ 26, 26b EStG zusammenveranlagten Ehegatten gefordert.