Elektronischer Rechtsverkehr – aktive Nutzungspflicht für sichere Übermittlungswege

Ab dem 1. Januar 2022 bestimmt der neue § 52d FGO in Satz 1, dass Schriftsätze, Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten, Behörden und juristischen Person des öffentlichen Rechts elektronisch zu übermitteln sind. Dies gilt nach Satz 2 für die nach der FGO vertretungsberechtigten Personen (also auch WP und StB), für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Nr. 2 FGO (Anwaltspostfach beA oder ein entsprechendes Postfach) zur Verfügung steht.

Zurzeit gibt es weder für WP noch für StB einen dem beA entsprechenden sicheren Übermittlungsweg. Allerdings wird das StBerG zum 1. August 2022 um ein elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) ergänzt.

Die Vor- und Nachteile der Einführung eines besonderen elektronischen Postfachs für WP/vBP werden vom Vorstand der WPK erörtert.

WP können auch nach dem 1. Januar 2022 schriftlich bei Gericht einreichen

  • StB sind ab dem 1. Januar 2023 zur Nutzung des beSt verpflichtet und können Schriftsätze, Anträge und Erklärungen dann nur noch elektronisch bei Gericht einreichen.
  • Notare haben das besondere elektronische Notarpostfach (beN) etabliert.
  • Für WP ist kein dem beA vergleichbares elektronisches Postfach geplant. Da WP kein dem beA vergleichbares elektronisches Postfach zur Verfügung steht, können sie Schriftsätze, Anträge und Erklärungen nach dem Wortlaut des Gesetzes also auch nach dem 1. Januar 2022 weiterhin schriftlich bei Gericht einreichen.

WP sollten dennoch Vorkehrungen treffen (De-Mail)

In der Literatur wird zum Teil aber vertreten, dass die aktive Nutzungspflicht für sichere Übermittlungswege das Gegenstück zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten sei. Diese ist ab dem 1. Januar 2026 für alle Gerichte verpflichtend, kann von den Ländern allerdings vorverlegt werden. Dies kann zur Folge haben, dass einzelne Gerichte auch von WP elektronische Schriftsätze, Anträge und Erklärungen erwarten.

  • WP, die mit Gerichten elektronisch kommunizieren wollen oder vom Gericht hierzu aufgefordert werden, sollten also Vorbereitungen treffen. Sie benötigen eine qualifizierte elektronische Signatur und/oder einen sicheren Übermittlungsweg. Als sicherer Übermittlungsweg steht WP nur die De-Mail zur Verfügung. Nachdem die Telekom zum Jahresende keine De-Mail mehr anbieten wird, bleiben 1&1 und web.de.
  • WP/RA können das beA nutzen,
  • WP/Notare können auf des beN zurückgreifen,
  • WP/StB steht ab dem 1. August 2022 das beSt zur Verfügung.

Die Ausführungen gelten für vBP entsprechend.

Hintergrund

Die Prozessordnungen (u. a. FGO, SGG und VwGO) sehen vor, dass Schriftsätze, Anträge und Erklärungen auch elektronisch bei Gericht eingereicht werden können (vgl. § 52a Abs. 1 FGO).

Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein (= Qualität des Dokumentes) oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (= Qualität des Übermittlungsweges) (vgl. § 52a Abs. 3 FGO).

Wird eine qualifizierte elektronische Signatur verwendet, ist der Übermittlungsweg egal. Wird ein sicherer Übermittlungsweg gewählt, bedarf es keiner qualifizierten elektronischen Signatur.

Sichere Übermittlungswege sind (vgl. § 52a Abs. 4 FGO)

  1. der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos,
  2. das Anwaltspostfach (beA) oder entsprechende, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronische Postfächer,
  3. das Behördenpostfach (beBPo) und
  4. sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden.