Berufshaftpflichtversicherung von freien Mitarbeitern einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Passender Versicherungsschutz ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die sich bei freien Mitarbeitern nur im Austausch mit der sie beauftragenden Berufsgesellschaft, gegebenenfalls deren Versicherer und dem eigenen Versicherer ermitteln und beurteilen lassen.
Haftung
Die Frage der Deckung wird von der Haftung bestimmt. Freie Mitarbeiter üben ihren Beruf in eigener Praxis aus. WP in eigener Praxis haften ihren Mandanten für schuldhafte Pflichtverletzungen aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis (§ 280 ff. BGB). Das gilt auch für das Vertragsverhältnis mit der einen freien Mitarbeiter beauftragenden Berufsgesellschaft. Wird die Berufsgesellschaft von deren Mandanten für eine Pflichtverletzung, die der freie Mitarbeiter zu vertreten habt, in Anspruch genommen, kann die Berufsgesellschaft beim freien Mitarbeiter Regress nehmen. Die von der Rechtsprechung für Arbeitnehmer entwickelte Haftungsprivilegierung des innerbetrieblichen Schadensausgleiches kommt freien Mitarbeitern dabei nicht zugute.
Werden freie Mitarbeiter im Rahmen einer gesetzlichen Abschlussprüfung tätig, treten neben den Regress der Berufsgesellschaft noch unmittelbare Ansprüche des geschädigten Unternehmens (§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB).
Beschränkung der Haftung
Während der gesetzliche Abschlussprüfer seine Haftung gegenüber dem Unternehmen weder für eigenes Verschulden noch für Verschulden seiner Gehilfen (Angestellte, freie Mitarbeiter) beschränken kann (§ 323 Abs. 4 HGB), können freie Mitarbeiter ihre Haftung gegenüber der sie beauftragenden Berufsgesellschaft durch AAB für jede Form der Fahrlässigkeit auf 4 Mio. Euro beschränken, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht (§ 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO).
Die unmittelbare Haftung des freien Mitarbeiters gegenüber dem geprüften Unternehmen ist bei fahrlässigen Pflichtverletzungen gesetzlich auf 1,5 Mio., 4 Mio. beziehungsweise 16 Mio. Euro beschränkt. Die erhöhten Haftsummen für grobe Fahrlässigkeit treffen nur den gesetzlichen Abschlussprüfer (§ 323 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2, Satz 3, 4 HGB).
Der gesetzliche Abschlussprüfer und seine freien Mitarbeiter haften dem geschädigten Unternehmen bei Pflichtverletzungen als Gesamtschuldner (§ 323 Abs. 1 Satz 4 WPO)
Deckung
Jeder WP in eigener Praxis ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu unterhalten (§ 54 Abs. 1 Satz 1 WPO). Die Mindestversicherungssumme beträgt 1 Mio. Euro (§ 54 Abs. 4 Satz 1 WPO). Eine Grundabsicherung ist dadurch gewährleistet. Die nach der WPO zu unterhaltende Berufshaftpflichtversicherung soll über die Höhe der Mindestversicherung hinausgehen, wenn Art und Umfang der Haftungsrisiken des WP/vBP dies erfordern (§ 27 BS WP/vBP).
Wegen der durch das FISG deutlich über die Mindestversicherungssummen hinaus erhöhten Haftsummen für Pflichtverletzungen bei der gesetzlichen Abschlussprüfung (1,5 Mio., 4 Mio. beziehungsweise 16 Mio. Euro) stellt sich die Frage der freiwilligen Höherversicherung für freie Mitarbeiter konkret, wenn sie an einer gesetzlichen Abschlussprüfung mitwirken.
Deckung bei Inanspruchnahme durch das geschädigte Unternehmen
Da der freie Mitarbeiter und der gesetzliche Abschlussprüfer dem geschädigten Unternehmen als Gesamtschuldner haften, kann der freie Mitarbeiter von einer freiwilligen Erhöhung seiner Berufshaftpflicht absehen,
- wenn der gesetzliche Abschlussprüfer Deckung zumindest für die vorgenannten Haftsummen für einfache Fahrlässigkeit unterhält und den freien Mitarbeiter im Innenverhältnis von der Haftung freistellt oder
- wenn der freie Mitarbeiter in der gebotenen Höhe wie ein angestellter WP in die Berufshaftpflichtversicherung der beauftragenden Berufsgesellschaft durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen einbezogen ist.
Für den Fall der Inanspruchnahme durch das geschädigte Unternehmen sollten freie Mitarbeiter daher gemeinsam mit der sie beauftragenden Berufsgesellschaft prüfen, ob sie in den Versicherungsschutz einbezogen sind. Sind sie nicht einbezogen, sollten sie mit der eigenen Versicherer eine dem jeweilige Risiko angemessene freiwillige Höherversicherung prüfen.
Deckung bei Inanspruchnahme durch die beauftragende Berufsgesellschaft (Regress)
Deckt die Versicherung der Berufsgesellschaft den pflichtwidrig von einem freien Mitarbeiter verursachten Schaden, geht der Regressanspruch der Berufsgesellschaft gegen den freien Mitarbeiter auf den Versicherer über.
Zum Teil beschränken die Allgemeinen Versicherungsbedingungen den Rückgriff auf Mitarbeiter auf Vorsatz oder wissentliche Pflichtverletzungen des Mitarbeiters. Ob der Begriff des Mitarbeiters auch freie Mitarbeiter umfasst, bestimmt sich nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen des jeweiligen Versicherers.
Beschränken die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Berufsgesellschaft etwaige Regressansprüche gegen freie Mitarbeiter nicht, kann der freie Mitarbeiter dem Versicherer eine Haftungsbeschränkung aus dem Vertragsverhältnis mit dem gesetzlichen Abschlussprüfer entgegengehalten.
Für den Regressfall sollten freie Mitarbeiter daher gemeinsam mit der sie beauftragenden Berufsgesellschaft prüfen, ob Regressansprüche gegen freie Mitarbeiter beschränkt sind. Wenn das nicht der Fall ist, sollten freie Mitarbeiter prüfen, ob sie den eigenen Versicherungsschutz auf 4 Mio. Euro erhöhen und die Haftung gegenüber der sie beauftragenden Berufsgesellschaft durch AAB auf diese Summe beschränken.
Übergangsfrist
Für eine gegebenenfalls nötige Anpassung des Versicherungsschutzes hat der Gesetzgeber mit dem FISG in Art. 86 Abs. 1 EGHGB eine Übergangsregelung geschaffen. Danach ist unter anderem der verschärfte § 323 Abs. 2 HGB erstmals auf alle gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen für das nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Ob diese Regelung auch auf Prüfungen gilt, die für die Verantwortlichkeit des Prüfers auf § 323 Abs. 2 HGB verweisen, ist nicht geklärt.